Arbeitsschutz im Chemieanlagenbau: 7 Maßnahmen für eine effektive Schweißrauchabsaugung

Wie Schweißrauchabsaugung funkioniert, erklärt die VDMA-Broschüre "Schweißen ohne Rauch".

Schweißprozesse sind im Chemieanlagenbau elementar. Doch große Teile und wechselnde Arbeitsplätze stellen besondere Herausforderungen an den Arbeitsschutz. Zum Schutz der Mitarbeiter kommt der Schweißrauchabsaugung eine besondere Bedeutung zu. Weitere Maßnahmen sind für die Branche empfohlen.

Ohne Schweißen gibt es keine optimalen Verbindungsstellen, ohne Schweißen ist eine hohe Dichtigkeit von Behältern unmöglich: Fügetechnische Verfahren sind im Chemieanlagenbau bis heute nicht wegzudenken. Damit chemische Medien optimal transportiert und gelagert werden können, sorgt das Schweißen für robuste und zugleich langlebige Verbindungsstellen bei Apparaten, Behältern oder Rohrleitungen. Doch genau in diesem fügetechnischen Prozess entstehen durch den Schweißrauch gesundheitliche Gefahren für die beteiligten Mitarbeiter. Um Mitarbeiter im Chemieanlagenbau effektiv vor den Gesundheitsgefahren zu schützen, ist ein Arbeitsschutz-Konzept mit einem Mix effektiver Maßnahmen heute wichtiger denn je.

Herausforderungen im Chemieanlagenbau

Ausschlaggebend dafür sind die speziellen Anforderungen an den Arbeitsschutz im Chemieanlagenbau. Diese stellen besondere Herausforderung an die praktische Umsetzbarkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen in metallverarbeitenden Betrieben. Das ist in dieser Branche insbesondere folgenden Umständen geschuldet:

  1. Die Herstellung von Großbehältern, Zwischenlagerbehältern und Rohrleitungen bringt überwiegend nur schwierig handhabbare Prozesse mit sich. Bauteile wie Bleche und Profile weisen hier für gewöhnlich einen Dickenbereich von 3 bis 30 Millimeter, bei Einzelabmessungen von sogar bis zu 12 Meter auf. Aufgrund der oftmals schwierigen Geometrien und großen Dimensionen der Bauteile sind die Verarbeitungsprozesse im Chemieanlagenbau geprägt durch oft wechselnde Arbeitsplätze. Zudem müssen die schwergewichtigen Bauteile häufig mit einem Kran positioniert werden. Im Chemieanlagenbau ist die immer vorzuziehende Punktabsaugung demnach nicht so einfach umsetzbar, weil dort oft nicht an der Entstehungsstelle abgesaugt werden kann.
  2. Außerdem dominiert bei der Verarbeitung von unlegierten und hochlegierten Stählen in der Branche das MAG-Schweißverfahren (Metall-Aktivgas-Schweißen). Dieses weist ein hohes bis sehr hohes Gefährdungspotenzial auf.
  3. Hinzu kommt, dass Bauteile oftmals aus Baustahl mit hohem Mangan-Anteil verarbeitet werden. Daneben spielt auch die Verarbeitung von Edelstählen, was krebserzeugend wirken kann, eine zusätzliche Rolle. Der Einsatz von Absaugtechnik ist deshalb von großer Bedeutung.

Maßnahmen-Mix ist bei der Gefahrstofferfassung im Chemieanlagenbau gefragt

Absaugbrenner sind beim Schweißen wieder im Kommen. Eine neue Generation verspricht ein leichtes Handling für Schweißer.

Es stellt sich dennoch die Fragen, welche Absauggeräte für den Chemieanlagenbau in Frage kommen. Hier gibt es nicht DIE eine Lösung, da in Abhängigkeit der beschriebenen Bedingungen verschiedene Arbeitsschutzmaßnahmen Lösungen bieten. Weil der Umstieg auf emissionsarme Verfahren oder Werkstoffe im Chemieanlagenbau in der Praxis überwiegend scheitert, ist der Einsatz von effektiver Schweißrauchabsaugung in Abhängigkeit von den jeweiligen Bauteilen und Werkstoffen maßgeblich bei der Gefahrenminimierung.

 1. Brennerintegrierte Absaugung im Chemieanlagenbau

Weil in der Branche beim Schweißen ein hoher Mobilitätsgrad gefragt ist, müssen Schweißer die Absaugung leicht mitführen können. Für diese Hauptanwendung der Schweißprozesse im Chemieanlagenbau eignet sich insbesondere die brennerintegrierte Absaugung, bei der die Gefahrstofferfassung direkt am Schweißbrenner dicht oberhalb der Schutzgasdüse ansetzt. Lange galten solche Systeme unter Schweißern als zu schwer und unhandlich. Eine neue Generation der Absaugbrenner schafft nun einen hohen Bedienkomfort und bietet darüber hinaus weitere Vorteile. Denn um den Schweißrauch bestmöglich zu erfassen, muss die Absaugung optimal auf die technischen Parameter des jeweiligen Schweißbrenners abgestimmt sein. Digitale Varianten von brennerintegrierten Absaugungen verfügen über eine hinterlegte Datenbank mit den Brennermerkmalen unterschiedlicher Hersteller.

2. Weitere mobile Absauggeräte

Für mehr Sicherheit beim Schweißen: das Arbeitsschutzgesetz.

Neben der brennerintegrierten Absaugung eignen sich auch mobile Absauggeräte, die Gefahrstoffe per Absaugdüse oder -trichter beziehungsweise Absaugarm mit Absaughaube erfassen. Diese Systeme sollten vor allem auch dann zum Einsatz kommen, wenn es sich um kleinere Bauteile an gleichbleibenden Arbeitsplätzen mit einem eingeschränkteren Bewegungsradius handelt. Wichtig dabei ist eine einfache Handhabung für den Schweißer. Absaugarme zum Beispiel sollten freitragend, die Absaughauben um 360 Grad drehbar sein. Eine integrierte LED-Beleuchtung verschafft zudem einen besseren Blick auf das Werkstück. Sollten kleinere Schweißungen an festen Arbeitsplätzen nötig sein, ist die Absaugung mittels Absaugarm und Absaughaube die am häufigsten genutzte Variante. Sie sorgt für die höchsten Erfassungsgrade. Im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen erreichen flanschförmige Absaughauben (Hier geht zu einem Interview über eine neue Absaughaube mit Musik-Option) aufgrund ihrer strömungstechnischen Gestaltung ein größeres Saugfeld und reduzieren so die manuelle Nachführung durch den Schweißer.

3. Raumlüftungssysteme als Ergänzung zur Punktabsaugung

Wenn Grenzwerte mit Arbeitsschutzmaßnahmen wie der brennerintegrierten oder mobilen Absaugung nicht in ausreichendem Maß gewährleistet werden können, ist der ergänzende Einsatz von Raumlüftungssystemen empfohlen. Diese Systeme unterstützen die Punktabsaugung dabei, auch die umliegenden Mitarbeiter zu schützen. Sie saugen rauchbelastete Luft in einer Höhe von etwa drei Metern ein, filtern sie und führen die Luft in Bodennähe rundum wieder zu.

4. Arbeitsbereiche räumlich trennen

Neben dem Einsatz von Absaugtechnik werden sogenannte organisatorische Maßnahmen im Chemieanlagenbau immer wichtiger. Dazu zählt die räumliche Trennung von Schweiß- und Schneid-Arbeitsbereichen. Dadurch können sich Gefahrstoffe erst gar nicht in der übrigen Produktion ausbreiten. Dies gelingt zum Beispiel mittels einer kompletten Trennung von Arbeitsbereichen oder speziellen Schweißkabinen.

5. Atemschutzgeräte für Schweißer empfohlen

Durch die zum Teil schwer zugänglichen Bauteile sind zusätzliche Schutzmaßnahmen für Schweißer empfohlen. Wenn die oben genannten Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sind, sollten sich Schweißer selbst im Rahmen des persönlichen Arbeitsschutzes mit entsprechenden Atemschutzmasken ausrüsten. Auch gebläseunterstützende oder fremdbelüftete Schweißhelme schützen vor Schweißrauch mit krebserregenden Inhaltsstoffen.

6. Auch Kollege Roboter will geschützt sein

Räumliche Fragestellungen sind auch beim Einsatz von automatisierten Schweißverfahren im Chemieanlagenbau relevant. Um den Bediener und auch Mitarbeiter an umliegenden Arbeitsplätzen zu schützen, müssen Betriebe entsprechende organisatorische Maßnahmen treffen. Die räumliche Trennung von Prozessen zur Verarbeitung niedrig- und hochlegierter Stähle stellt aufgrund der unterschiedlichen Emissionsklassen eine weitere effektive Arbeitsschutzmaßnahme dar.

7. Besondere Arbeitsschutzmaßnahmen beim Edelstahl-Schweißen

Beim Schweißen im Chemieanlagenbau kommt der Verarbeitung von hochlegierten Stählen eine besondere Bedeutung zu. Denn die Behälter und Apparate müssen oftmals hohen Reinlichkeitsgrundsätzen entsprechen. Beim Schweißen von Chrom-Nickel-Stahl entstehen allerdings krebserzeugende Gefahrstoffe, die in den höchsten Emissionsgruppen eingestuft sind und dadurch das höchste Gefahrenpotenzial haben. Nickeloxide zum Beispiel wirken hoch krebserregend. Für eine effektive Absaugung und Rückführung der gereinigten Luft in den Arbeitsbereich sind Absaugsysteme mit W3-Zertifizierung vorgeschrieben.

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