Milch gegen Schweißrauch: nicht mehr als ein alter Mythos

Milch gegen Schweißrauch: Der bis heute durchaus noch verbreitete Irrglaube ist nicht mehr als ein reiner Mythos.

Eine tägliche Ration Milch gegen Schweißrauch: Das war der Arbeitsschutz schlechthin in der Vergangenheit. Doch die Legende von der schützenden Wirkung der Milch gegen gesundheitliche Schäden durch Schweißrauch hält sich bis heute teilweise hartnäckig. Dabei handelt es sich mehr um einen Mythos denn um wirkliche Fakten.

Milch gegen Schweißrauch war das Mantra gegen die gesundheitlichen Folgen der Gefahrstoffe beim Schweißen. Betriebe schenkten ihren Mitarbeitern eine tägliche Ration Milch und sahen den Arbeitsschutz damit erfüllt. Mal ist von einem Viertel Liter Milch die Rede, mal von einer Flasche. Das war allerdings in Zeiten, in denen Absaugtechnik und lüftungstechnische Maßnahmen in metallverarbeitenden Betrieben noch überhaupt keine Rolle spielten.

Entsprechend steinig verlief in den 1970er-Jahren der Markteintritt der ersten Punktabsauganlagen, erinnert sich Gerd Kemper, Gründer der KEMPER GmbH, in einem Interview auf unserem Blog bezüglich eines realen Betriebs: „Die Belegschaft hatte ein Veto eingelegt. Die Mitarbeiter hatten die Wahl: Absaugung oder Tagesration Milch. Da haben Sie sich für die Milch entschieden.“ (Das ganze Interview lest ihr hier.)

Milch gegen Schweißrauch bis heute verbreitet

Dennoch hält sich der Mythos von der schützenden Milch gegen Schweißrauch bis heute hartnäckig in den Köpfen mancher Schweißer. In Schweißer-Foren kommt die scheinbar heilende Wirkung von Milch immer wieder zur Sprache, wenn es um die gesundheitlichen Folgen von Schweißrauch geht. Doch woher kommt diese Sichtweise?

Um das Thema Milch gegen Schweißrauch ranken sich gleich mehrere Mythen:

  1. Milch sorge für das Abschlacken von Gefahrstoffen.
  2. Milch wird nachgesagt, sie schleime bei der Aufnahme: Das bedeutet, sie fördere die Schleimproduktion. Mehr Schleimproduktion gleich schnellerer Abtransport der Schweißrauchpartikel.
  3. Der hohe Fettanteil der Milch binde die Giftstoffe im Körper.

Nachgewiesen: Milch entfaltet keine Wirkung gegen die Folgen von Schweißrauch

Komisch nur, dass offensichtlich niemand die verschiedenen Aufnahmewege von Milch und Schweißrauch richtig in Augenschein nahm: Während Schweißer den Schweißrauch über die Atemwege aufnehmen, wird die Milch getrunken. Schon alleine daher hätte die Wirkungsweise von Milch gegen Schweißrauch ausgeschlossen werden können.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind heute dahingehend deutlich weiter. Nicht erst seit gestern warnen Entgiftungszentralen davor, Vergiftungsopfern – also wenn beispielsweise das Metalldampffieber bei Schweißern auftritt – Milch zu verabreichen. Nach bisher allen vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnissen hat Milch gegen Schweißrauch keine schützende oder vorbeugende Wirkung bei der Inhalation partikel- oder gasförmiger Gefahrstoffe.

Milch gegen Schweißrauch: Heute heißt die Devise besser absaugen.

Warnungen heute: Milch soll Vergiftungen sogar befördern

Ja im Gegenteil: Milch steht sogar im Verdacht, die Aufnahme toxischer Stoffe zu steigern. Die britische Arbeitsschutzbehörde warnt sogar ausdrücklich auf Ihrer Webseite: „Don’t believe the stories about drinking milk before welding. It does not prevent you getting metal fume fever.“ Also: Nicht den Geschichten vom Milch-Trinken vor dem Schweißen glauben. Es schützt dich nicht vor dem Metalldampffieber. Genauso sehen das auch deutsche Experten. Und nicht umsonst ist in der deutschen Arbeitsschutz-Gesetzgebung nicht die Sprache von der Tagesration Milch, sondern von Absaugtechnik, mit der Betriebe ihre Mitarbeiter schützen.

Das ist auch schon die Antwort auf die Frage: Wenn Milch gegen Schweißrauch nicht hilft, wie sollen sich Schweißer dann schützen? Es bleibt dabei: Ohne effektive Schweißrauchabsaugung geht heute gar nichts mehr. Wer gesund durch sein Berufsleben gehen will oder gesunde und motivierte Mitarbeiter für seinen Betrieb gewinnen will, setzt auf Absaugtechnik – und trinkt die Milch zum Frühstück, aber eben nicht gegen Schweißrauch.

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