Luftqualität ist nicht gleich Luftqualität

Die deutsche Sprache ist reich an Redensarten zum „Element“ Luft: „Die Luft ist rein“, stellen Diebe in Krimis fest. In Auseinandersetzungen herrscht „dicke Luft“. Und wenn jemand besser den Mund halten sollte, raten wir ihm „Halt mal die Luft an“. Luft ist für uns Menschen lebenswichtig. Doch was genau ist Luft eigentlich? Wann ist sie sauber, wann dreckig? Und wann spricht man von guter Luftqualität? Manfred Könning von KEMPER ist stellvertretender Vorsitzender der DVS-Arbeitsgruppe „Arbeitssicherheit und Umweltschutz“ und weiß Antworten auf diese und viele weitere Fragen.

Das sagt die WHO

Laut World Health Organization (WHO) atmen weltweit lediglich ein Prozent der Menschen, die in Städten leben, saubere Luft ein. Betroffen von zu hohen Belastungen durch Stickstoffdioxid und Feinstaub sind vor allem Menschen in den bevölkerungsstarken Entwicklungs- und Schwellenländern. Doch auch in Industrieländern, vor allem in den Ballungsgebieten, erreicht die Luftverschmutzung mittlerweile besorgniserregende Ausmaße.  Hinzu kommen für bestimmte Berufsgruppen Gefahrstoffbelastungen am Arbeitsplatz, die allerdings durch einen zuverlässigen Arbeitsschutz reduziert werden können.

Herr Könning, Sie beschäftigen sich beruflich mit Fragen zur Arbeitssicherheit in schweißtechnischen Betrieben. Die Frage, wie die Luft an Arbeitsplätzen und in Produktionshallen sauber bleibt, ist dabei zentral. Aber was ist eigentlich Luft, rein chemisch definiert?

Luft ist zunächst einfach ein Gemisch aus gasförmigen Stoffen, im Wesentlichen Stickstoff (etwa 78%) und Sauerstoff (etwa 21%). Das restliche Prozent setzt sich aus Argon, Kohlendioxid, Wasserdampf, Ozon, Methan und noch einigen weiteren Gasen zusammen.

Wie muss Luft sein, damit sie als sauber bezeichnet wird?

Der Begriff „sauber“ wird im betrieblichen Umfeld selten verwendet. Da geht es eher darum, dass die Luft nicht in zu hohem Maße Rauche und Stäube, also feste Partikel als Schwebstoffe und gesundheitsschädliche Gase enthält. Ein weiterer Punkt ist der Sauerstoffgehalt in der Luft, der zu gering werden kann, wenn seine Anteile von anderen Gasen verdrängt werden.

Ab wann ist Luft dreckig? Welche Stoffe sind dann in höherer Konzentration als empfehlenswert in der Luft?

Bezogen auf unser übliches Arbeitsfeld, also die Luft in Betrieben der metallverarbeitenden Industrie und des Handwerks, geht es in der Regel um die Belastung der Luft durch Schweißrauch. Diese lässt sich kaum ganz vermeiden oder ausschließen, aber wichtig ist, dass die Grenzen, oberhalb derer eine Gesundheitsgefahr für die Mitarbeiter besteht, sicher eingehalten werden.

Wie unterscheidet sich die Luft im Freien von der Luft im Innern?

Der angesprochene Schweißrauch kommt im Freien kaum vor, aber auch hier gibt es Staub, der vom Wind aufgewirbelt wird und in den Städten spielt sicher auch der Abrieb von Reifen und Bremsbelägen eine Rolle. Selbst in der Natur ist die Luft nicht frei von Staub, denken wir nur an den Pollenflug. Wenn wir Allergiker mal rausnehmen, ist das aber auch gar nicht so schlimm. In der Evolution haben sich unsere Atmungsorgane angepasst, filtern grobe Stäube aus und bauen auch feine Stäube langsam wieder ab. Es darf eben nur nicht zu viel werden.

Gibt es weitere Unterschiede bezüglich der Zusammensetzung von Luft, zum Beispiel der Luft in Industriehallen oder Büros?

Hier ist es wichtig zu differenzieren. Gefahrstoffgrenzwerte gelten für Personen, die berufsbedingt Umgang mit Gefahrstoffen haben, das sind z.B. die Schweißer. Für Mitarbeiter im Büro trifft das aber nicht zu, daher haben sie Anspruch auf eine gesundheitlich zuträgliche Luftqualität, vergleichbar mit der Außenluft.

Sie beschäftigen sich beruflich mit Fragen zum Arbeitsschutz in schweißtechnischen Betrieben. Dort sind die Mitarbeiter besonderen Belastungen ausgesetzt. Welche sind das?

In diesem Arbeitsumfeld geht es im Wesentlichen um Räuche, also feste Partikel, die beim Schweißen freigesetzt werden. Aber auch bei hier häufig anfallenden Schleifarbeiten werden Partikel frei. Letztere sind deutlich gröber und sinken schneller zu Boden. Gefährlicher sind eher die Räuche, da sie länger in der Luft schweben und auch beim Einatmen nicht in den oberen Atemwegen rausgefiltert werden, sondern bis in die Lunge gelangen.

Wie schaffen Unternehmen eine Arbeitsumgebung, in der die Luft sauber ist?

Wie so häufig, bekämpft man auch hier das Übel am besten an der Wurzel. Damit meine ich, dass man zunächst Möglichkeiten ergreifen sollte, um die Entstehung von Schweißrauch zu verringen, denn auch dazu gibt es Möglichkeiten. Das allein reicht allerdings nicht aus. Der nächste Schritt ist es, den Schweißrauch in der Nähe der Entstehungsstelle abzusaugen und rauszufiltern, damit er sich gar nicht erst in der gesamten Halle ausbreiten kann.

Wo ist die Belastung durch Schadstoffe in der Luft höher, in der Stadt oder auf dem Land?

Im Freien ist die Belastung in der Stadt sicherlich deutlich höher, denn dort gibt es auf gleichem Raum deutlich mehr Verursacher und es weht weniger „frische“ Luft.

Wenn wir raus an die frische Luft gehen, ist die dann wirklich so frisch?

Im Winter schon, denn dann sagen wir ja auch „ganz schön frisch draußen“. Aber ob die Luft dann wirklich so frisch im Sinne von sauber ist, fragen Sie im Frühjahr mal jemanden mit einer Pollenallergie… 😉

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