Feinstaub erhöht das Risiko für Autoimmunerkrankungen
Was haben Rheuma und Feinstaub miteinander zu tun? Laut einer Studie der Universität Verona leiden Menschen, die hohen Konzentrationen von Feinstaub ausgesetzt sind, häufiger an der Autoimmunerkrankung als Menschen, die gesündere Luft atmen. Die Studie gibt erste Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Feinstaubbelastung und der Krankheit. Eine weitere Studie von dänischen Wissenschaftlern untermauert die Annahme der Italiener. Darin wies ein Team der Universität Aarhus nach, dass eine langjährige Exposition mit Quarzfeinstaub das Auftreten von rheumatischen Erkrankungen begünstigt. Diese Ergebnisse sind auch für Schweißer interessant, da sie in ihrem Berufsleben überproportional häufig mit Feinstäuben konfrontiert sind.
Für die italienische Studie zog der Rheumatologe Giovanni Adami Daten von mehr als 81.000 Patienten heran. Die Daten stammen aus einem webbasierten Risikokalkulator für osteoporotische Frakturen. Damit hatten mehr als 3.500 italienische Ärzte in der Zeit von Juni 2016 bis November 2020 das Risiko für ihre Patienten errechnet, eine Osteoporose zu bekommen und sich aufgrund dessen einen Bruch zuzuziehen. Die Ärzte mussten unter anderem angeben, ob ihre Patienten unter einer immunvermittelten entzündlichen Erkrankung wie beispielsweise Rheuma leiden.
Rauchen begünstigt rheumatische Arthritis
Ein Zusammenhang zwischen dem Rauchen, das auch mit einer Feinstaubbelastung einhergeht, und einer rheumatoiden Arthritis, wurde von Medizinern bereits im Jahr 2014 in einer schwedischen Studie nachgewiesen. In der Metaanalyse, die Daten der Jahre 1966 bis 2013 untersucht, zeigten die Forscher auf, dass das Risiko für eine Erkrankung bei 1 bis 10 Packungsjahren um 26 Prozent und bei mehr als 20 Packungsjahren um 94 Prozent anstieg. Packungsjahre sind eine Einheit, die die inhalierte Rauchdosis eines Zigarettenrauchers beschreibt (Zigarettenpackungen pro Tag x Raucherjahre).
Daten von mehr als 81.000 Menschen
Vor diesem Hintergrund stellten sich die Italiener die Frage, ob die Feinstaubbelastung in der normalen Atemluft – unabhängig vom Rauchen – eine rheumatische Erkrankung ebenfalls begünstigt. Adami und seine Mitarbeiter setzten Daten von lokalen Messstationen in Beziehung zu den Daten der 81.000 Patienten. Da es in 110 italienischen Provinzen 617 Messstationen gibt, verfügte das Team über ausreichende Daten, um die durchschnittliche Langzeitexposition für Feinstaub zu ermitteln: Sie betrug von 2013 bis 2019 16 µg/m3 für Feinststaub PM2,5 und 25 µg/m3 für den Feinstaub PM10.
12 Prozent höheres Risiko
Adami ermittelte einen Anstieg aller immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen, sofern eine langfristige Exposition gegenüber Feinstaub vorlag: Das Erkrankungsrisiko stieg um 12 Prozent bei einer Exposition gegenüber PM10 von mehr als 30 µg/m3 und 13 Prozent bei einer Exposition gegenüber PM2,5 von mehr als 20 µg/m3. Zudem wies Adami nach, dass jeder Anstieg der PM10-Exposition um 10 µg/m3 mit einem um 7 Prozent erhöhten Risiko einherging. Allerdings zeigt die Studie auch methodische Schwächen. So fehlten zum Beispiel Angaben zur Dauer und Schwere der immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen der Patienten. Diese Ergebnisse können deshalb nur Anhaltspunkte liefern für weitere Studien in diesem Bereich. Die Zusammenhänge zwischen Feinstaubbelastungen und rheumatischen Erkrankungen werden seit Jahren intensiv erforscht.
Erkrankungen bis zu 53 Prozent häufiger
In Dänemark wies ein Team um den Arbeitsmediziner Henrik Kolstad ein erhöhtes Rheumarisiko bei zunehmender Exposition mit Quarzstaub nach. Die Forscher der Universität Aarhus untersuchten Daten von drei Millionen Dänen, die zwischen 1977 und 2015 mindestens ein Jahr lang beruflich in einer Branche tätig waren, in der sie Quarzfeinstäuben ausgesetzt waren. Kolstad stellte mithilfe einer Matrix eine direkte Verbindung zwischen der Belastung mit Quarzstaub und den vier häufigsten rheumatischen Erkrankungen (systemische Sklerose, rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes und Vaskulitiden kleiner Gefäße) her. Das Ergebnis: Jeder Anstieg der Exposition um 50 µg/m3 erhöhte das Erkrankungsrisiko um 7 Prozent. Die am stärksten exponierten Männer erkrankten zu 53 Prozent häufiger an Rheuma als ihre Kollegen oder Frauen, die nur einer geringen oder gar keiner Konzentration von Quarzstaub ausgesetzt waren. Sie hatten auch ein erhöhtes Risiko für eine der vier rheumatischen Erkrankungen, die in die Studie mit einbezogen wurden. Auch bei Frauen stieg das Risiko mit steigender Exposition.
Schweißer haben hohes Erkrankungsrisiko
Beide Studien legen den Schluss nahe, dass je nach Dauer und Intensität der Feinstaubbelastung das Risiko für eine rheumatische Erkrankung steigt. Schweißer sind daher beruflich bedingt schon einem höheren Erkrankungsrisiko ausgesetzt. Vorkehrungen zur Minimierung dieses Risikos wie beispielsweise die Installation von Schweißrauchabsauganlagen haben daher im Arbeitsschutz eine besondere Bedeutung. Eine brennerintegrierte Absaugung stellt dabei den wirksamsten Schutz vor giftigem Feinstaub dar, da sie automatisch bei jeden Schweißvorgang zum Einsatz kommt. Die Punktabsaugung hingegen muss von Schweißern bewusst genutzt werden, um sich vor Schweißrauch zu schützen. Daher gilt es, Mitarbeitende und Kollegen für diesen Selbstschutz zu sensibilisieren.